Dezember 2008

 

Das Thema eines möglichen Achsabrisses lässt mich einfach nicht los. Zum einen habe ich das ja bei so einem ähnlichen Motor beobachtet und zum anderen weiß ich dass genau dieser Motor ja eine normale 40er Kartachse schon zerlegt hat.

Dazu kommt, dass mehrere Freunde eben dieses Thema bereits öfters hinterfragt haben und so kramte ich mein Physikalisches Formelbuch aus meinen Studentenzeiten heraus und versuchte da selbst etwas zu berechnen.

Schnell merkte ich, dass hier nicht nur Formelkenntnis und die mathematische Fertigkeit Formeln umzuformen gefragt sind, sondern auch detailliertere Materialkenntnis.

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Und diese fehlt mir als ehemaligem Zeitsoldaten mit anschließendem E-Technik Studium. Die Erfahrungen beim Umgang mit dem Material decken bei weitem nicht das ab, was hier gefordert wird. Also wende ich mich an Manfred und frage um Hilfe. Der hat einen Kollegen, der ein Programm auf seinem Rechner hat, das Materialbeanspruchungen simulieren kann und der dieses Programm auch bedienen kann.

Das Ergebnis sind unter anderem die hier - mit freundlicher Erlaubnis - abgebildeten Darstellungen.

Die Bilder zeigen den Betrag der Spannungen im Material. Die Höhe der Spannung ist farblich abgestuft, wie in der Farblegende auf den Bildern abgebildet.

Was sagen diese Bilder nun aus ?

Die maximale Spannung im Material tritt an der Hinter- und Vorderkante der Achse - in Zugrichtung der Kette gesehen auf. Hier wirkt eine Streckung- bzw. Stauchung des Materials. Da sich die Achse drehen wird, wird die Achse an dieser Stelle regelrecht durchgewalkt.

Die Zugfestigkeit der Achse - ich nehme an, sie ist aus ST37 - beträgt 370N/mm^2. Die maximale Spannung liegt hier im Bereich von 300N/mm^2 oder knapp darüber. Dieser Wert ist schon recht nahe an der maximalen Belastbarkeit der Achse und legt die Vermutung nahe, dass plastische Verformungen nicht auszuschließen sind und dass somit ein Ermüdungsbruch der Achse nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann :-(

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Alle Berechnungen basieren jedoch auf dem ungünstigsten Fall, nämlich dem höchsten Drehmoment das der Motor abgeben kann. Das setzt voraus, dass dieses Drehmoment auch so auf die Straße übertragen werden kann. Zu Deutsch: Die Ergebnisse setzen voraus, dass man es schafft, im ersten Gang bei 5500 Umdrehungen pro Minute und Vollgas !!! die Reifen nicht durchdrehen zu lassen.

Erfahrungsgemäß geht das nicht auf herkömmlichem Untergrund.

Zudem wird die Achse später noch durch Klemmringe außen an den Achslagern gegen Querverschiebung gesichert. Den Madenschrauben traue ich nicht. Diese Klemmringe verstärken die Achse noch direkt am Lager und verkürzen so den Hebel für die Krafteinleitung auf die unverstärkte Achse. Und kürzere Hebel bedeuten auch geringere Spannungen im Material.

Das bedeutet für die Praxis, dass die Hinterachse (sie hat eine Wandstärke von 5 mm und KEINE Passfedernut für das Kettenrad) so auf Kurzbahnen gefahren werden kann.

Wie das auf Langbahnen aussieht, ist noch nicht bekannt. Hier ist der Fall anders gelagert.

Zum einen ist die Übersetzung länger. Das wirkt sich vorteilhafter auf die Materialbeanspruchung aus denn das maximal erreichbare Drehmoment beträgt bei der angestrebten Übersetzung "nur" 350 Nm anstatt 467 Nm. Das sind nur etwa 75% des Drehmoments der Kurzbahnübersetzung.

Allerdings ist der Nabendurchmesser des 17 Zähne Kettenrads so klein, dass keine Spannbuchse mehr verwendet werden kann. Das Kettenrad muss also herkömmlich - mittels einer Passfeder auf der Achse fixiert werden. Die dafür notwendige Passfedernut schwächt die Achse natürlich.
Deshalb kann nicht die selbe Achse für Kurzbahn und für Langbahn verwendet werden. Die durch die Passfedernut geschwächte Achse würde auf der Kurzbahn brechen. Es muss also eine komplett neue Achse nur für die Verwendung auf GP Strecken aufgebaut werden.

Möglicherweise ist es notwendig diese GP-Achse noch zu verstärken. Hier sind die letzten Überlegungen noch nicht gemacht.

 

Was mir ebenfalls noch einige Sorgen gemacht hat, war die Lastverteilung auf den Reifen. Der Motor ist mit seinen rund 43 kg deutlich schwerer als ein herkömmlicher Kartmotor. Mal angenommen, die Sitzposition in einem herkömmlichen Kartchassis sei so designed, dass das Motorgewicht eines herkömmlichen Kartmotors durch einen durchschnittlichen Fahrer ausbalanciert wird, dann kann der Schwerpunkt mit diesem Motor gar nicht passen. Das hat vergangenen Monat eine Wägung ja auch gezeigt. Die Radlasten im einzelnen - gemessen mit und ohne Fahrer - stehen in der Tabelle nebenan.

Es ist nun interessant, wo denn nun die Sitzposition bei gegebenem Fahrergewicht liegen müsste, um den Schwerpunkt auf die Fahrzeuglängsachse zu bringen.

Dazu muss allerdings zuerst der Schwerpunkt der Sitzposition des Fahrers berechnet werden. Der muss ja nicht unbedingt in der Mitte der Sitzfläche liegen da beim Fahrer in Fahrposition ja noch Arme und Beine nach vorne zu den Pedalen bzw. zum Lenkrad ragen.

Also wird erst mal Maß genommen und die effektiven Aufstandspunkte (Mittelpunkte der Reifenaufstandsflächen) koordinatenmäßig bestimmt. Ergebnisse siehe Tabelle rechts.

Radlasten und Radlastverhältnisse:

Radlasten ohne Fahrer
VL 25 kg VR
31 kg
HL 29 kg HR
51 kg
Radlasten mit Fahrer
VL 48,3 kg VR
49,7 kg
HL 54,4 kg HR
71,3 kg
Lastverhältnisse
Vorne : Hinten
43 :57
Links : Rechts
45 :55
Diagonal VL : HR
40 :60
Diagonal VR : HL
48 : 52

Effektive Koordinaten der Radaufstandspunkte:

Koordinaten X / Y [mm]
VL (60 / 1050) VR
(1080 / 1050)
HL (0 / 0) HR
(1140 / 0)

 

Der Schwerpunkt soll nicht in dreidimensionalen Koordinaten bestimmt werden sondern zweidimensional vereinfacht werden. So berechnet sich der Schwerpunkt aus dem geometrischen Mittel der mit den Radlasten gewichteten Koordinaten der Reifenaufstandspunkte. Man erhält als Ergebnisse (X / Y) [mm]:

Geometrischer Mittelpunkt des Fahrzeugs: (570 / 525)
Schwerpunktkoordinaten ohne Fahrer: (684,71 / 432,35)
Schwerpunktkoordinaten mit Fahrer: (616,75 / 460,40)

Und rechnet man nun den Einfluss des Fahrergewichts heraus erhält man als aktuellen Schwerpunkt des Fahrers die Koordinaten (508 / 504)

Man sieht: Der Schwerpunkt liegt deutlich hinten rechts, obwohl der Fahrerschwerpunkt hinten links liegt.

Damit mit dem Fahrergewicht etwas gespielt werden kann, kommt nun EXCEL ins Spiel.

Es wird eine Formel aufgestellt, die den Gesamtschwerpunkt des Fahrzeugs in Abhängigkeit der feststehenden Radlasten und Koordinaten des leeren Fahrzeugs und des variablen Fahrer- Schwerpunktes und -Gewichtes berechnet. Die Formel ist recht lang und ich möchte es mir sparen sie hier zu veröffentlichen. Interessierte können aber die Tabelle gerne von mir haben.

Das Ergebnis ist im nebenstehenden Schaubild dargestellt:
Das Kreuz das durch die cyan- und die gelbfarbene Linie gebildet wird, markiert die geometrische Mitte des Fahrzeugs. Die schräge blaue Linie kennzeichnet die X-Ordinate des resultierenden Schwerpunktes wenn man die X-Ordinate des Fahrerschwerpunktes auf den Wert der Y-Ordinate im Schaubild einstellt.

Oder einfacher ausgedrückt: Will man den Gesamtschwerpunkt des Fahrzeugs in die Mitte bringen (X-Wert = 570), so muss der Fahrerschwerpunkt (bei 87,5 kg Fahrergewicht) auf den X-Wert von knapp unter 400 gesetzt werden. -> Korrekter Wert: 382 (mm).

Das bedeutet für die Praxis, dass der Sitz (genauer eigentlich der Fahrerschwerpunkt, aber näherungsweise gilt das für den Sitz auch) zur korrekten Einstellung des Fahrzeugschwerpunktes um 508mm - 382mm = 126mm nach links verschoben werden muss.

Die Umsetzung dieser Berechnung bedeutet, dass die linke Sitzstrebe neu positioniert werden muss, das Lenkrad inklusive der beiden hinteren Lenkstreben muss nach links verschoben werden und die Position des Gaspedals muss voraussichtlich etwas nach hinten verschoben werden. Das bedeutet richtig konstruktiven Aufwand, da davon auch das Bodywork und das Schaltgestänge betroffen sein wird.

Und was passiert nun ?
Erst mal wird so gefahren wie das Kart momentan aufgebaut ist. Dominik soll für die kommende Saison mit neuem Motor an den Start gehen -> er erhält einen größeren, stärkeren Motor mit Schaltgetriebe und Kupplung.
Diesbezüglich hat seine Zufriedenheit mit seinem Kart erst mal Vorrang vor meinen Perfektionsbestrebungen.
Das Rollerkart soll auch begonnen werden, im Idealfall wird es zur Hochsaison fertig. Wenn sich dann herausstellen sollte, dass das LC4-Kart so wie es ist nicht fahrbar ist, dann wird es im kommenden Winter umgebaut.

Zunächst aber wird also nur die volle Einsatzfähigkeit (Langbahntauglichkeit und Stadtkorsotauglichkeit) hergestellt ohne die Geometrie zu verändern.

 

 

Letzte Änderung: 05.01.2009